„Vor allem viele unserer Frauen können nicht Fahrrad fahren. Sie haben es in ihrer Heimat nicht gelernt. Jetzt sitzen sie hier in Langförden – und sind ziemlich gebunden. Zu Fuß sind viele Wege zu weit. Deshalb bieten wir das Radfahrtraining an“, sagt Initiatorin Anne Nußwaldt von der Flüchtlingshilfe, die sich sehr über die Unterstützung der Verkehrswacht freut. „Für uns ist es ein Modellprojekt. Klappt es gut, wollen wir es auf andere Orte ausweiten“, sagt Greta Fischer vom Radfahrteam der Vechtaer Verkehrswächter.
Das größte Problem: Die Frauen zum Training zu bekommen. Eigentlich wollten neun mitmachen, gekommen sind jedoch nur drei. „Die Angst ist einfach zu groß“, weiß Anne Nußwaldt. Treten, lenken, anfahren, bremsen, Gleichgewicht halten, den Überblick bewahren – ganz schön viel, was zum Radfahren dazu gehört. Vor allem wenn man nicht vier Jahre alt ist, sondern Mitte 40. Da braucht es Mut. „Je älter man wird, desto weniger traut man sich neue Dinge“, sagt Janin Thal, die auf Seiten des Radfahrteams die Organisation übernommen hat. Für die, die Mut beweisen, wird es ein anstrengender Nachmittag. Und ein lohnenswerter.
Roula Sallwn fängt ganz klein an: auf einem eigens für sie umgebauten Laufrad. Nina Bohmann hat die Pedalen abgeschraubt. Mit beiden Beinen auf dem Boden soll Roula nun ein Gefühl bekommen für das Fahrrad, lernen, Gleichgewicht zu halten und zu lenken. Und auch Nagwa Fayed überwindet ihre Scheu. Keine 30 Minuten später sind die Pedalen wieder angeschraubt und die beiden Frauen drehen vorsichtig ihre erste Runde auf dem Schulhof. Ein bisschen wackelig noch, aber sie fahren. Und haben sichtlich Spaß. „Ich hätte nie gedacht, dass sie schon so schnell richtig fahren“, freut sich Janin Thal.
Mhabad probiert sich derweil am Slalom. Sie hat schon Zuhause mit Hilfe ihrer Patin Gisela Pohlmann geübt. Von Runde zu Runde wird sie schneller – und bringt damit ihren Coach Laura Meyer ganz schön ins Schwitzen. Denn die läuft vorsichtshalber Runde für Runde mit. „Eigentlich wollte ich gleich noch zum Sport, aber das ist jetzt nicht mehr nötig“, lacht die Helferin.
Ins Schwitzen kommen auch die drei Syrerinnen. „Warm, aber gut“, sei das Training, sagt Mhabad ganz aus der Puste. Die Anstrengung steht den Frauen ins Gesicht geschrieben. Und das Glück, die Angst überwunden zu haben. Auf Englisch erklärt Roula: „Ich kann gar nicht ausdrücken, wie dankbar ich für diese Chance bin.“
Kommenden Samstag geht’s weiter. Bis dahin gilt es, Hausaufgaben zu erledigen, nämlich: Rad fahren, Rad fahren, Rad fahren.
Anne Nußwaldt, Flüchtlingshilfe Langförden
Die Flüchtlingshilfe Langförden
existiert seit Herbst 2013. Die ehrenamtlichen Helfer begleiten und unterstützen Flüchtlinge im Alltag, insbesondere durch Patenschaften und Deutschunterricht. Die Mitglieder treffen sich in der Regel jeden dritten Montag im Monat um 18.30 Uhr im Pfarrheim der St.-Laurentius-Gemeinde Langförden, Pastor-Meistermann-Straße 2, 49377 Vechta. Alle Interessierten sind herzlich willkommen!
Spendenkonto Flüchtlingshilfe
Wer nicht zeitlich, aber finanziell unterstützen möchte, kann das gerne machen. Mit den Spenden werden beispielsweise, Anwaltskosten getragen, Unterrichtsmaterialen zum Deutschlernen, Fahrradreparaturen, Reisekosten und ähnliches finanziert.
Kath. Kirchengem. Langförden
IBAN: DE 70280501000070340476
BIC: BRLADE21LZO
Verwendungszweck: Flüchtlingshilfe