Die Dimension des Themas verdeutlichte zu Beginn Donatus Beisenkötter, Leiter der Abteilung Seelsorge im Generalvikariat Münster. 851 katholische Kitas (davon 115 im Oldenburger Land) gibt es im Bistum Münster. 60.304 Kinder (10.800) werden hier von 10.600 (2.300) Mitarbeitern betreut. Mit ihrer flächenmäßigen Präsenz hätten die Kitas ein Alleinstellungsmerkmal in der Kirche, machte Beisenkötter klar. Mit Alina Brinkmann von der Universität Bochum stellte er das Projekt „Kita – Lebensort des Glaubens vor.“ Pädagogische und pastorale Mitarbeiter/innen hatten hierzu über einen fünfjährigen Zeitraum gemeinsam über pastorale, diakonische und pädagogische Schnittstellen nachgedacht. Viele der Mitarbeiter würden Kitas jetzt deutlich mehr als pastorale Räume sehen als zu Projektbeginn, erklärte Brinkmann.
Von positiven interreligiösen Erfahrungen berichtete Ulla Meirowski, Leiterin der Kita St. Andreas in Cloppenburg. Religion unterstütze die Hirnentwicklung, sagte sie. In ihrer Kita seien von 155 Kindern 40 Prozent katholisch und 19 Prozent evangelisch, die anderen jesidisch, muslimisch oder konfessionslos. Eine Religionssensibilität sei in einer solchen Kita zwingend. In ihrem Mitarbeiterteam hätte sie einen Austausch über Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Religionen angeregt. „Eine religiös gemischte Zusammensetzung von Kindergruppen ermöglicht eine interreligiöse und interkulturelle Bildung in einer anderen Qualität und Intensität, als wenn die Kita nur von Kindern derselben Religionszugehörigkeit besucht würden“, fasste sie ihre Erkenntnisse zusammen. Hierfür seien Offenheit, gegenseitige Achtung, Wertschätzung und Toleranz nötig.
„Wir leben die verschiedenen Religionen mit den Kindern“, erklärte sie anhand mehrerer Beispiele. „Wir sind zwar katholisch, aber katholisch heißt offen sein.“ Einrichtungen in katholischer Trägerschaft müssten vermitteln, dass andere Religionsgemeinschaften willkommen seien und die Kinder nicht von ihrem Glauben abgebracht werden sollten. Dafür sei es wichtig, Erzieherinnen anderer Konfessionen oder Religionsgemeinschaften im Team zu haben, machte sie klar. Vor einer religiösen Überfremdung der christlichen Gesellschaft habe sie keine Angst. Vielmehr binde sie die Eltern mit ein und nutze die religiöse Kompetenz andersgläubiger Eltern, um Wissen zu erweitern. Diese Haltung werde von den Eltern, die aus 14 verschiedenen Nationen kämen, honoriert. So habe sie es in 14 Jahre als Kita-Leiterin nur ein- bis zweimal erlebt, dass Eltern ihre Kinder nicht mit zum katholischen Wortgottesdienst in die St. Andreas Kirche gehen lassen wollten.
Einig war sie sich mit Michael Wagner-Erlekam, Referent für Kitas im pastoralen Raum im Bistum Mainz, in der Einschätzung, dass Kitas nicht den Auftrag haben sollten, neue Mitglieder für die Kirchengemeinde zu gewinnen. Vielmehr sei die Kita ein Ort, an dem Kinder und ihre Eltern mit der Frohen Botschaft in Berührung kommen sollten. Kitas, so beschrieb es Wagner-Erlekam, sollten ein Knotenpunkt für das Netzwerk Kirche sein, die ganze Familie in den Blick nehmen und sie bei sozialen Kontakten und Selbstorganisation unterstützen.
„Kitas sind viel mehr dran am System Familie als die Kirche“, räumte die Dammer Pastoralreferentin Nicole Reinke in der Schlussrunde ein. „Familienpastoral passiert in den Kitas.“
Ludger Heuer