Mehrmals stehen Auftritte und Gottesdienste in päpstlichen Kirchen auf dem Programm: am Montag in St. Paul vor den Mauern, am Dienstag in der Lateranbasilika St. Giovanni. Am Mittwoch nehmen die Oldenburger an der Papstmesse auf dem Petersplatz anlässlich der Eröffnung der Bischofssynode teil, am letzten Tag singen sie im Petersdom. Seelsorgerlich begleitet werden sie von Weihbischof Wilfried Theising und Clemens Lübbers, Diözesanpräses des Cäcilienbundes, dirigiert von Regionalkantor Stefan Decker und den Kirchenmusikern Nikolas Bäumer (Cloppenburg), Udo Honnigfort (Delmenhorst) und Maria Laux (Holdorf).
„Die Stimmung ist super, die tägliche Gemeinschaft wunderbar“, schwärmt die Cloppenburgerin Christa Benz. Die 54-jährige Sozialpädagogin, die zum zweiten Mal Rom besucht, spricht damit wohl allen Anwesenden aus der Seele. Und dabei hatte die Reise für einige ungünstig angefangen. Eine Sängerin hatte ihren Ausweis auf dem heimischen Kopierer vergessen und nur mit Hilfe eines Mitreisenden die Bundespolizei am Düsseldorfer Flughafen überzeugen können, ihr einen Ersatzausweis auszustellen. Drei Fluggäste aus einer Maschine mussten nach längerer Wartezeit am Flughafen in Rom hören, dass ihre Koffer in Düsseldorf geblieben waren. Eine der drei, die 57-jährige Schneiderin Thekla Tammen aus Ganderkesee, lieh sich daraufhin frische Wäsche bei ihrem Mann und einer Mitreisenden. Bei einer anderen gab es Gesichtscreme. Und selbst für ihre fehlenden Spezial-Medikamente fand sich in der Gruppe Ersatz. Den Rest nahm sie mit Humor: „Dann habe ich später wenigstens noch einen vollen Koffer mit frischer Wäsche.“ Andere Sänger mussten deutliche Verspätungen ihrer Flieger oder die kurzfristige Erkrankung ihres mitreisenden Ehepartners erleben - Kleinigkeiten eben.
Doch jetzt in Rom ist alles vergessen. An ihrem ersten Tag eroberten die Oldenburger zu Fuß die Stadt. Dass es zwischendurch wolkenbruchartig regnete, kann einen echten Norddeutschen nicht erschüttern. „Etwas gewundert habe ich mich darüber aber schon, das hatte ich für Rom nicht erwartet“, räumte die Kinderkrankenschwester Anita Witte (66) ein. Die Cloppenburgerin ist bereits zum dritten Mal in Rom und sieht jedes Mal wieder etwas Neues. „Und das gute italienische Eis“, schwärmt sie, „habe ich mir durch den Regen nicht verderben lassen.“ So sah es auch Carmen Kongur aus Brake. Die 55-jährige Lehrerin und ihr Mann Petrocan (56), Lagerarbeiter von Beruf, sind nicht nur das erste Mal in der Stadt, sondern sie kümmern sich auch noch um die 84-jährige Hannelore Thaddey, die leicht erschöpft mit ihnen am Treffpunkt auf den Bus wartet. „Alles super“, schwärmen sie trotzdem.
Höhepunkt des ersten Tages war die gemeinsame Messe in St. Paul vor den Mauern, einer der großen römischen Pilgerkirchen. Wie an vielen großen italienischen Kirchen kontrollieren inzwischen Militär und Polizei alle Besucher und ihre Taschen. Der Anblick und die prunkvolle Ausstattung der im frühen 19. Jahrhunderts nach einem Brand der ursprünglichen antiken Großkirche errichteten Basilika erzeugten Staunen und Bewunderung. Viele Sänger sind zum ersten Mal in Rom oder ihre Romerfahrungen stammen noch aus Schülerzeiten. Nikolas Bäumer schaffte es beim anschließenden Gottesdienst mit leicht akrobatischem Dirigatstil, sich auch noch in den letzten Reihen des Riesenchores sichtbar zu machen. Die letzte Reihe im Bass verstärkte Heike Spree (49). Die Polizeiangestellte aus Quakenbrück singt ansonsten in ihrem Chor bei der Männerstimme Tenor mit. „Die sind mir hier aber zu hoch“, lachte die Protestantin, die mit großer Begeisterung mitsang.
Clemens Lübbers traf in seiner Predigt den richtigen Ton für die Sänger, indem er die Anwesenden aufrief, mit ihrem Gesang ein Trost für die Kirche zu sein. „Feinde und Verächter der Kirche gibt es genug. Christen, die nichts lieber tun, als die Kirche herabzusetzen, gibt es ebenfalls genug. Auch Funktionäre, welche die Kirche wie ihr Eigentum verwalten, gibt es genug. Aber es gibt zu wenige, die der Kirche ein Trost sind.“ „Wer singt, betet doppelt“, zitierte er den hl. Augustinus. „Singen wir an dieser Stätte, in diesen Tagen und weit darüber hinaus vom Trost unseres Glaubens“, schloss er seine Predigt.
Den Gesang führten die Sänger am Schluss des Gottesdienstes zur Ehre Einzelner weiter. Regionalkantor Stefan Decker feierte sein 40-jähriges Dienstjubiläum, drei Sängerinnen hatten Geburtstag. Für Ursula Hellmann aus Lindern war es sogar der 60. Den konnte sie am Abend bei der Lichterfahrt durch das nächtliche Rom passend abrunden.
Ludger Heuer