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Nur am Strand liegen ist langweilig

18. August 2017 - Wangerooge

Urlauberseelsorge hat hohen Stellenwert auf der Insel

Jeden Sommer kommen Tausende Touristen nach Wangerooge. Als einzige der ostfriesischen Inseln gehört sie zum Bistum Münster. Viele Touristen suchen im Urlaub – manchmal nur dort - Kontakt zur Kirche. Egbert Schlotmann, Pfarrer der einzigen Katholischen Kirchengemeinde auf einer ostfriesischen Insel, holt sich dafür Unterstützung vom Festland. Bis zu 18 Personen stark sind die wechselnden Seelsorgeteams, unter ihnen auch Jugendliche. Zwei Wochen bleiben sie in der Hochsaison hier. Untergebracht sind als Wohngemeinschaft im Haus Ansgar. Ich besuche das Team für einen Tag. Den „Einklang“ um 7.30 Uhr habe ich schon verpasst. Und wenn abends die Eucharistie gefeiert wird und danach der Bibliolog am Brunnen stattfindet, bin ich schon wieder auf der Rückweg.

BrunnebgesprächGroßansicht öffnen

Pfarrer Egbert Schlotmann (2.v.l.) lädt zum Brunnengespräch ein

Viel Spaß hat das Urlauberseelsorgeteam jeden Tag miteinanderGroßansicht öffnen

Kaffeepause und viel Spaß für das Urlauberseelsorgeteam

Probe des GästechoresGroßansicht öffnen

Ute Hachmann leitet die Probe des Gästechores

Messfeier am Strand Großansicht öffnen

Messfeier am Strand

SpendertafelGroßansicht öffnen

Jeder kleine Fisch für 20 Euro, jeder große für 50. Provisorin Elke Siehaus, Thekla Dekeboom vom Kirchenvorstand und Pfarrrer Egbert Schlotmann (v.r.) freuen sich über jede Spende für die anstehende Renovierung.

Haus AnsgarGroßansicht öffnen

Haus Ansgar wird ab September saniert

Aber zum Brunnengespräch um 10.30 Uhr im Innenhof von St. Willehad bin ich da. „Wir wissen nie, wie viele kommen“, sagt Schlotmann. Heute sind es sechs Senioren – fünf von ihnen Frauen. Der Inselpfarrer hat Liebesgedichte mitgebracht. Es dauert, bis das Gespräch in Gang kommt. Dann aber möchten alle erzählen und auch andere Geschichten hören. Über Freude und Leid der Liebe können sie mitreden, alle sind verwitwet. Nach dem Tod ihrer Partner mussten sie sich alleine organisieren und weiter entwickeln. Eine der Frauen, eine Dortmunderin, war seitdem achtzig Mal auf Wangerooge. Jedes Jahr bis zu vier Mal. Die besondere Atmosphäre der Insel habe ihr geholfen, nach dem Tod ihres Mannes aus dem emotionalen Tief zu kommen, bestätigt eine andere, die schon 15 Mal hier war. „Hier sind die Leute lockerer als zu Hause und erzählen eher etwas über sich.“

Neben seelsorgerischen Einzelgesprächen, die Schlotmann jeden Tag führt, gibt es viele andere Aufgaben. Familie Hachmann aus Greven ist zum dritten Mal dabei. Vater, Mutter, drei Kinder. Das Jüngste, ein fröhlicher Blondschopf namens Franziska, ist drei Jahre alt und macht auch schon mit. „Sie ist wohl die jüngste Ministrantin im Bistum Münster“, lacht Vater Markus. Wie seine Frau Ute ist er Pastoralreferent. Warum sie auch im Urlaub in der Seelsorge arbeiten? „Wir lieben die Insel“, sagen sie. Und jeden Tag bleibe etwas Zeit für den Stand, auch wenn die Urlauberseelsorge den Tag ausfüllen könne.

Seine Jungs Benedikt (13) und Niklas (9) gestalten den morgendlichen zwanzigminütigen „Einklang“ mit. Im Sommer kommen dazu bis zu 150 Urlauber in die Pfarrkirche. „Manche schauen komisch, wenn sie von einem Dreizehnjährigen begrüßt werden und er mit ihnen das Kreuzzeichen macht“, sagt Markus. Jeder aus der Familie trägt bei, war er kann - Gebete, Musik, Friedendgruß. Und wer nicht hier mitmacht, wird in der Hausgemeinschaft gebraucht. Für das  Urlauberseelsorgeteam muss viel gekocht, geputzt und aufgeräumt werden. „Die Harmonie in der Gemeinschaft ist uns sehr wichtig“, bestätigt Pfarrer Schlotmann. Für die Urlauberseelsorge brauchen wir teamfähige Leute, keine Individualisten. Jeder kann sich nach seinen Fähigkeiten einbringen.“ „Die Gemeinschaft in diesem Haus ist ein Aushängeschild für Familienfreundlichkeit“, bestätigen Ute und Markus Hachmann. Auch ein Grund, warum sie gerne wieder kommen.

Mit 11 Jahren das erste Mal dabei
Der 21-jährige David Stützer aus Münster ist schon zum neunten Mal als Urlauberseelsorger hier. Mit elf ist er das erste Mal hier gewesen, dann sei er auf Einladung des damaligen Pfarrers Kurt Weigel fast jedes Jahr wieder gekommen. David, der eine Ausbildung zum Bankkaufmann macht, wirkt auf der Insel als Messdiener, arbeitet im Haus mit und organisiert das Kinderprogramm am Strand. Oder Nikolas Deing. Zu Hause in Beckum ist er Hilfsküster. Der Umgang mit Kerzen, Hostien und Gewänder ist ihm vertraut. Hier ist er „richtiger“ Küster. „Nur am Strand liegen ist auch langweilig“, meint er. „Aber hin und wieder mal die Jugend raushängen lassen und mit dem Handy rumspielen muss auch erlaubt sein“, grinst der 16-Jährige. Zum zweiten Mal ist er mit Mutter und Schwester hier. Die 14-jährige Christina spielt Geige im Gottesdienst und kümmert sich auch sonst um die Musik.

Die Urlauberseelsorge hat bei der Bevölkerung ein hohes Ansehen, bestätigen Thekla Dekeboom und Bergit Siemens vom Kirchenvorstand von St. Willehad. 600 Flyer würden jede Woche verteilt, in der Saison gebe es jeden Tag bis zu fünf Angebote. Inzwischen stünden sie auch im Kurprogramm der politischen Gemeinde. Obwohl nur ein Fünftel der ca. 1.200 Insulaner Katholiken sind, weiß man im Rathaus die Angebote der Kirchengemeinde zu schätzen. „Die Mitglieder der Seelsorgeteams sind daher auch von der Kurtaxe befreit“, sagt Kirchenprovisorin Elke Sierhaus.

Der Stellenwert der Urlauberseelsorge ist auch der Kirchenverwaltung bewusst. Das in die Jahre gekommene Haus Ansgar, das auch als Pfarrbüro und Exerzitienhaus dient, verwandelt sich nach der laufenden Saison in eine Baustelle. Für 2,2 Millionen Euro wird es erweitert und modernisiert. 1,5 Mio. Euro zahlt das Bischöflich Münstersche Offizialat in Vechta. Für seinen Eigenanteil in Höhe von ca. 712.000 Euro sucht die Kirchengemeinde St. Willehad noch Spender und Sponsoren.

Ludger Heuer