Zwischen der Festrede von Thomas Kossendey, dem Präsidenten der Oldenburgischen Landschaft, und der Abschussveranstaltung mit Ehrungen gab es drei Podiumsgespräche, Stände, Ausstellungen, Spielangebote, Platzkonzerte und einen Festgottesdienst mit Weihbischof Wilfried Theising. Ca. 1.500 Besucher aus dem Oldenburger Land kamen angereist. Die Rüschendorfer ernteten viel Lob und Anerkennung. Bernhard Decker, Leiter der Kolpingfamilie, bekam von Diözesanpräses Frank Westerkamp die Ehrennadel „Münsteraner Dom“ überreicht.
Frieden können nicht zwischen Staatsmännern geregelt werden, sondern sei eine Herausforderung, der sich jeder stellen müsse, sagte Kossendey in seiner Rede. Christen dürften nicht zusehen, wenn Menschen um des Machterhalts eines Diktators umgebracht, Städte sinnlos zerstört und unzählige Menschen zum Opfer marodierender Banden und ISIS-Terroristen würden. Frieden heiße nicht nur Abwesenheit von Gewalt, sondern auch Abbau von Not, Förderung der Freiheit, Anerkennung von kultureller Vielfalt und Förderung von Bildung. Hierfür müssten sich Christen international einsetzen. Hinsichtlich der Flüchtlinge, die den Weg nach Europa suchten, sagte er: „Für mich als Christ ist es selbstverständlich, dass wir jeden, der auf diesem Weg in Not gerät, helfen müssen.“
Soldaten würden auf Auslandseinsätze gut vorbereitet und auch anschließend betreut, erzählte Oberstleutnant Ulrich Kisro in dem Podiumsgespräch über Bundeswehrsoldaten und ihr Leben nach dem Auslandseinsatz. Dreimal war er im Kosovo gewesen. Und sowohl die Familie als die Umgebung würde sich für das Erlebte interessieren. Mehrfach habe er Vorträge über seine Erfahrungen gehalten.
Auch das wenige Jahre nach dem 1994 erfolgten Genozid in Ruanda gegründete Projekt Kabuga, dem sich das zweite Podium widmete, arbeitet für den Frieden. Bettina Uchtmann, Rektorin der Rüschendorfer Grundschule, hatte 1998 als Hamburger Lehrerin den Anstoß hierfür gegeben. Mit Hilfe eines Unterstützerkreises in Hamburg konnte schon eine halbe Million Euro gesammelt werden. Zudem kümmern sich Mitglieder der Gruppe um Weiterbildungen für ruandische HNO-Ärzte.
In der dritten Podiumsrunde diskutierten unter anderem Weihbischof Wilfried Theising und die schiitische Theologin Hamideh Mohagheghi darüber, ob eine Welt ohne Religion besser und friedlicher wäre. Staatliche Macht und Religion sollten getrennt sein, waren sie sich einig. „Die Religion soll nicht den Staat beeinflussen, und der Staat nicht die Religion“, meinte Theising. Gefragt nach den Ängsten gegenüber dem Islam verwies Mohagheghi auf die nur kleine radikale Gruppe innerhalb der weltweit 1,8 Mrd. Muslime. Sie zeigte sich daher überzeugt, dass Christen und Muslime zukünftig wieder gemeinsam für den Frieden arbeiten würden.
Im anschließenden Festgottesdienst zeigte sich Theising erschüttert über Hassparolen gegen Flüchtlinge, Politiker und Engagierte. „Da sind viele, die nicht zum Frieden und zum Miteinander aufrufen, sondern die aufhetzen und Gewalt ausüben. Wir alle sind aufgerufen, uns dagegen zu erheben und den Mund aufzumachen“, sagte er in der Predigt. Er wandte sich auch gegen Ausgrenzung und Isolierung. „Frieden ist nicht nur da, wo die Kanonen schweigen, sondern da, wo Menschlichkeit ihren Platz hat.“
Die abschließenden Ehrungen für Kolpingfamilien aus dem Oldenburger Land zeigten, dass die Ideen Adolph Kolpings weiter getragen werden. Die 2016 gestartete Mitgliederkampagne habe vielerorts Erfolg gezeigt, freute sich die Kolping-Landesvorsitzende Gaby Kuipers. Unter den ausgezeichneten Kolpingfamilien waren u.a. Wilhelmshaven mit 30 Prozent neuen Mitgliedern oder Holdorf, wo der Altersdurchschnitt um neun Jahre auf 44,3 Jahre gesenkt werden konnte. Die jüngste Kolpingfamilie findet sich in Bakum. Mit 67 neuen Mitgliedern sank hier das Durchschnittsalter auf 26,37 Jahre.
Ludger Heuer