Das Bischöflich Münstersche Offizialat in Vechta
Viele wissen, wer der hiesige Weihbischof ist oder was Kirchengemeinden sind. Und viele wissen auch um das soziale Engagement dieser Institutionen. Doch was ist ein Offizialat? Im üblichen Sinn ist ein Offizialat ein kirchliches Gericht, das überwiegend über Eheannullierungen zu entscheiden hat. In Vechta jedoch ist das anders, hier nimmt die 1831 gegründete Kirchenbehörde weitreichende kirchliche Aufgaben für den niedersächsischen Teil der Diözese Münster wahr.
Offizialat Vechta
Mit der Gründung des Offizialats wurde die bischöfliche Amtsgewalt für den Oldenburger Teil des Bistums Münster fast gänzlich auf den Bischöflichen Offizial übertragen. Ein Offizial ist normalerweise der Leiter eines Kirchengerichts, in Vechta aber war er das nie ausschließlich, das „eigentliche“ Offizialat als Kirchengericht ist in Münster. Der Vechtaer Offizial hingegen repräsentiert die bischöfliche Amtsgewalt des Bischofs von Münster im Offizialatsbezirk Oldenburg.
Seit 1973 ist der Vechtaer Offizial auch Weihbischof. Ein Weihbischof hat normalerweise keine eigene Verwaltungsbehörde. Im Offizialatsbezirk Oldenburg jedoch leitet er in seiner Eigenschaft als Offizial eine eigenständige Kirchenverwaltung mit circa 150 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.
Bischöfliche Amtsgewalt
Die Bischöfliche Amtsgewalt beinhaltet die Zuständigkeit in Fragen der kirchlichen Lehre, die Weihegewalt und die kirchliche Gerichtsbarkeit. Darüber hinaus ist jeder Bischof in seiner Diözese oberster Verantwortlicher und Dienstvorgesetzter aller hauptamtlichen Mitarbeiter/innen in der Seelsorge und der kirchlichen Verwaltung. Er kann Verordnungen oder Erlasse herausgeben, die das seelsorgerliche Leben und das dienstliche Zusammenleben in seiner Diözese regeln. Er kann Personen in Ämter berufen oder abberufen, muss alle Ernennungen und Dienstvereinbarungen bestätigen, bestimmt zusammen mit den zuständigen Laiengremien die pastorale Linie und die „allgemeine Politik“ seines Bistums. Viele dieser Aufgaben kann er delegieren. Und natürlich gibt es Rahmenbedingungen, an die er sich halten muss, wie z.B. das Kirchenrecht, das kirchliche Arbeitsrecht, Verträge zwischen der Amtskirche und den jeweiligen Bundesländern (= Konkordate) und allgemeine Gesetze.
Weltweit einmaliges Kirchenkonstrukt
Auf Wunsch des Oldenburger Herzogs bekam der Offizial 1831 gegenüber dem Bischof in Münster eine weit reichende Autonomie verliehen, die ihn hinsichtlich seiner Amtsbefugnisse nahezu einem Diözesanbischof gleichstellte. Dieses kirchenpolitische Konstrukt des „Bischöflich Münsterschen Offizialats“ in Vechta ist weltweit einmalig und daher immer wieder interessantes Besuchsziel und Forschungsobjekt für Kirchenrechtler aus aller Welt.
Verteilt auf zwei Bundesländer
In der deutschen Bistumslandschaft ebenfalls selten, wenngleich nicht einmalig, ist die Verteilung des Bistums auf zwei Bundesländer. Der größte Teil liegt in Nordrhein-Westfalen, der kleinere Teil in Niedersachsen. Der Offizialatsbezirk Oldenburg ist kirchenrechtlich nach Münster orientiert und gehört zur Kirchenprovinz Köln, konkordatsmäßig aber – das betrifft z.B. Themen wie Schule und Bildung, Bauwesen, Gesundheit und Soziales, Finanzen und Steuerrecht – gilt niedersächsisches Recht. Das Offizialat in Vechta kooperiert deshalb in vielen Fragen eng mit den niedersächsischen Bistümern Hildesheim und Osnabrück und auch dem Erzbistum Hamburg.
Fakten
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Dienstgemeinschaft begleiten die katholischen Verbände und vierzig Pfarreien zwischen Wangerooge und Damme in vielen Fachfragen, beaufsichtigen über sechzig kirchliche Stiftungen und unterstützen die kirchlichen Einrichtungen verwaltungstechnisch. Acht Dekanate, eine Nord-Südausdehnung von 140 Kilometern, eine Ost-Westausdehnung von 75 Kilometern, 5.440 Quadratkilometer Gesamtfläche – das sind die Zahlen für den kirchlichen Bereich, der vom Bischöflich Münsterschen Offizialat aus unterstützt, organisiert und verwaltet wird.
Katholikenzahlen bleiben konstant
Rund 251.000 Katholiken leben im Offizialatsbezirk Oldenburg (Stand: 2021). Entgegen dem bundesweiten Trend sind diese Zahlen seit vielen Jahren nahezu konstant. Bei einer Million Einwohnern im Oldenburger Land entspricht das einem Katholiken-Anteil von 26 Prozent. Dabei gibt es konfessionsmäßig ein Süd-Nord-Gefälle: Während in den beiden südlichen Landkreisen Cloppenburg und Vechta - dem Oldenburger Münsterland - Katholiken die Mehrheit der Bevölkerung stellen, leben sie im Norden in einer deutlichen Diaspora.
Soziale Verantwortung
Dem Offizialat ist über die Kirchengemeinden hinaus ein dichtes Netz pädagogischer und sozial-karitativer Einrichtungen angeschlossen, darunter 126 kirchliche Kindergärten beziehungsweise Kindertagesstätten und neun kirchliche Oberschulen und Gymnasien in Vechta, Cloppenburg, Oldenburg und Wilhelmshaven. Über 12.000 Bedienstete arbeiten im Offizialatsbezirk in Einrichtungen der Kirche und Caritas – beispielsweise in Kirchengemeinden, Schulen, Beratungsstellen, Pflegeeinrichtungen, Krankenhäusern und in der Flüchtlingshilfe.
Drei zentrale Gremien
Anspruch, der für die Zukunft verpflichtet
Die Katholische Kirche - das sind vor allem die vielen Gläubigen in der Region. Die Institution Kirche mit der Kirchenbehörde Offizialat, den Kirchengemeinden und den zahlreichen Einrichtungen ist nicht nur einer der größten Arbeitgeber im Oldenburger Land, sondern auch ein Impulsgeber und eine prägende religiöse und gesellschaftliche Kraft, deren Stimme gehört wird.